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Harry Belafonte (1976)

AMIGA 855482
(1 Exemplar – eigene Sammlung)
Danke für das Geschenk an Thomas B., Erfurt

Covertext

Ob Harry Belafonte zu urwüchsigen Calypso-Rhythmen sozialkritische Texte oder heitere Karneval-Episoden vorträgt, ihm geht es in jedem Fall darum, den Menschen eine Botschaft zu vermitteln, die sie bereichert. Der Überzeugung getreu, daß Musik eine verändernde Kraft sein kann, greift er mit seinen Folk-Balladen mitten hinein ins volle Menschenleben, schildert er Freuden und Leiden, gestaltet er Geschehnisse, wie sie waren oder sein können; doch niemals wendet er sich solchen zu, die es nie geben wird. Zeit seines Lebens war und ist er darauf bedacht, den Gefahren standardisierter Musikproduktionen zu entgehen und keine Titel zu verbreiten, die ohne Substanz sind, Gefühle glätten und Gedanken einschläfern sollen.

Belafonte geht es darum, die Sinne seiner Zuhörer zu schärfen. Dem Unrecht, der sozialen Ungleichheit und der Rassendiskriminierung gilt sein ständiger Kampf. Als ehemaliger kultureller Berater des Peace Corps gehört er zu den führenden Begründern der Civil Rights Bewegung. Eng mit Dr. Martin Luther zu dessen Lebzeiten verbunden, ernannte man Belafonte zu einem der drei Verwalter seines Nachlasses.

Belafonte, geboren am 1. März 1927 in New York, war noch ein Kind, als er mit seinen Eltern nach Jamaica zog. Mit wachen Sinnen nahm er während des 5jährigen Aufenthaltes das Leben der farbigen Mitbürger in sich auf und entdeckte die Ausdruckskraft unverfälschter Calypso-Melodien.

Nach New York zurückgekehrt, besuchte er die George Washington High School; was nicht ausschloß, daß er nach Absolvierung der Dienstzeit bei der US-Navy froh sein mußte, einen Posten als Bühnenarbeiter zu bekommen. Sein Interesse an den Darbietungen des American Negro Theatre wurde schließlich so stark, daß er beschloß, an dem von Erwin Piscator begründeten Dramatic Workshop Schauspielunterricht zu nehmen.

Der Zufall wollte es, daß Belafonte in einer Aufführung des Dramatic Workshop zu singen hatte. Seine originelle Art fiel auf und brachte ihm einen Vertrag in einem New Yorker Nachtklub ein. Doch Belafonte vermochte dem Interpretieren trivialer Schlager keinen Geschmack abzugewinnen. Ohne Rücksicht auf erste finanzielle Erfolge quittierte er das Engagement und übernahm mit Freunden in Greenwich Village ein kleines Restaurant, dessen Publikum sich für amerikanische Folklore interessierte. Nicht selten wurde hier zur Gitarre gegriffen und gesungen. Belafonte fühlte sich angesprochen. Gemeinsam mit dem Gitarristen Millard Thomas baute er sich Ende 1950 ein Repertoire alter und neuer Folk-Balladen auf. Die progressiven Kritiker des New Yorker Künstlerviertels waren begeistert. Ein Vertrag mit der Plattenfirma RCA sowie zwei Filme waren die Folge: „Bright Road“ und „Carmen Jones“. In Otto Premingers viel diskutierter Fassung von Bizets Carmen spielte Belafonte den Don José. Die Titelmelodie seines dritten Films „Island In The Sun“ wurde in die vorliegende Zusammenfassung aufgenommen.

1956 übernahm Belafonte die Hauptrolle in dem Theaterstück „Three For Tonight“ am Broadway; es erschien sein erstes Calypso-Album, das seinen internationalen Ruf festigte. 1958 gastierte er u.a. in Europa und erfreute hier wie andernorts Millionen Zuhörer. Zwischendurch produzierte er weitere Filme, Fernsehsendungen und Schallplatten.

Die vorliegende Auswahl beinhaltet zum einen seine bekannten „klassischen“ Nummern wie „Matilda“ und „Day-O“, zum anderen wurden Titel aufgenommen, die Belafontes Ausdrucksskala umfassend charakterisieren. Sein Talent, unterschiedlichsten Situationen und Menschengestalten gerecht zu werden, versetzt immer wieder in Erstaunen. Deutlich zeigt sich das bei einem Titel wie „Matilda“, wo er die wiederkehrenden Zeilen ständig in neuem Licht erscheinen läßt. In der Gestaltung der ungetreuen und diebischen Matilda, die mit den ersparten 500 Dollar auf und davon ist, mischen sich aufs Köstlichste erregte, humorige, satirische und warnende Töne.

„Day-O“, das Klagelied der ausgebeuteten Arbeiter in den Bananen-Plantagen, ist einer der bekanntesten und typischsten Belafonte-Calypsos. Deutlich zeichnet sich hier der spannungsvolle Wechselgesang zwischen dem Vorsänger und dem Chor ab. Eine Tradition, die auf afrikanische Urelemente verweist. Großartig auch hier, wie bei den meisten Titeln, der nahezu unbegleitete Einleitungsgesang, der den Zuhörer auf den Inhalt einstimmt.

In „Black And White (Together)“ setzt sich Belafonte für die Überwindung der Rassenschranken zwischen Weißen und Negern in den USA ein.

„Island In The Sun“ ist einer der musikalisch eingängigsten Titel. Die warmherzigen Töne entsprechen der Liebe, die der von den Vätern zum Blühen erweckten Insel entgegengebracht wird.

„Cu Cu Rru Cu Cu Paloma“ ist eine Serenade auf die weiße Taube, als Symbol der Sehnsucht und des Glücks; überzeugend, wie es Belafonte versteht, den langgehaltenen Tönen wechselnde Gefühlsschattierungen zu unterlegen.

„Cocoanut Woman“ gibt ein pralles Stück Volksleben wieder. Man sieht sie förmlich vor sich: die Frau mit den Kokosnüssen, die mit kräftiger Stimme die Vorzüge ihrer Ware anbietet und dabei vor keiner Übertreibung zurückschreckt.

In „Cotton Fields“, einem swingenden Titel mit Instrumentalchorussen, klingen erneut sozialkritische Töne an: Die Arbeit auf den Baumwollfeldern ist hart; der Boß ist grausam und unerbittlich.

In dem abschließenden „Carnival-Medley“ zieht Belafonte noch einmal alle Register seiner bewundernswert-vielseitigen Gestaltungskunst. Das Ergebnis ist ein Stück erlebten und erfühlten Volkslebens: deftig, ungestüm, humorvoll, herzlich. Und man hört es bei diesem Mitschnitt eines öffentlichen Konzertes: Sänger und Publikum bilden bei diesen Darbietungen eine untrennbare Einheit. Diese Musik geht zu Herzen, anders wären die unzählbaren Zwischentöne, Einwürfe, imitierten Stimmen und Instrumente, aus der Situation des Augenblicks geboren, nicht denkbar. Thema dieses Medleys populärer Trinidad-Lieder: Man könnte alles abschaffen, selbst Weihnachten und Neujahr – nur den Karneval nicht, der es erlaubt, mit lachender Maske tiefe Wahrheiten vorzutragen.

H. P. Hofmann (1976)

Titelliste

A1 – Matilda, Matilda – 3:35
Komposition und Text: H. Thomas / Belafonte /M. Thomas
Orchester Tony Scott und Chor

A2 – Day-O – 3:02
Komposition und Text: Belafonte / Burgess / Attaway
Orchester Tony Scott und Chor

A3 – Black And White (Together) – 3:14
Komposition und Text: R. MacDonald / Francis
Arrangement: Frankie Francis
Chor
Studio-Orchester
Leitung: Ralph MacDonald

A4 – Island In The Sun – 3:21
Komposition und Text: Belafonte / Burgess
Orchester Bob Corman und Chor

A5 – Cu Cu Rru Cu Cu Paloma – 5:25
Komposition und Text: Mendez Millard Thomas und Frantz Casseus, Gitarre
Begleitorchester

A6 – Cocoanut Woman – 2:50
Komposition und Text: Belafonte / Burgess
Orchester Bob Corman und Chor

B1 – Cotton Fields – 5:18
Komposition und Text: Carter
Studio-Orchester
Leitung: Dennis Farnon

B2 – Carnival-Medley – 14:09
a) Don’t Stop The Carnival
Komposition und Text: MacDonald / Salter
b) Jean & Dinah
Komposition und Text: Allen
c) Mama Look At Booboo
Komposition und Text: Belafonte / MacDonald
d) Jump In The Line
Komposition und Text: DeLeon / Bill
e) Marianne
Komposition und Text: Eaton
f) Sly Mongoose
Komposition und Text: Elliot
g) Zombie Jamboree
Komposition und Text: Mauge
Arrangement: Belafonte / MacDonald
Akkordeon- und Vokal-Solo: Sivuca und der Howard Roberts-Chor
Begleitorchester
Leitung: John Cartwright
Live-Mitschnitt 1972 im O’Keefe-Centre, Toronto (Kanada)

Hergestellt von Originalaufnahmen von RCA-Schallplatten

Gestaltung: Gerd Semder
Foto: RCA

VEB DEUTSCHE SCHALLPLATTEN BERLIN DDR
Made in German Democratic Republic

VEB Gotha-Druck Ag 511/01/76 Verpackung nach TGL 10609

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