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Leonhard Cohen – Greatest Hits (1982)

AMIGA 855790
(1 Exemplar – eigene Sammlung)

Covertext

„Er hatte die Welt zum besten mit einer disziplinierten Melancholie.” – So sagt Leonard Cohen über die Hauptfigur seines autobiographische Züge tragenden Romans „Das Lieblingsspiel“. Im Falle von Cohen selbst scheint ein ernsthafter Vorwurf des „Zum-Besten-Haltens“ angebracht, wohl aber könnte jene disziplinierte Melancholie so etwas wie ein Markenzeichen dieses Mannes sein, der sich ansonsten jeglicher Einordnung in gängige Schubladen weitestgehend entzieht.

Er ist heute 47 Jahre alt, und sein Image weist weder die Insignien des naiv-verträumten oder burschikosen Folk-Barden noch die des salbungsvoll-väterlichen, alles verstehenden und verzeihenden Pop-Sängers reiferen Alters und schon gar nicht die des schillernden, zornigen Rockstars auf, wiewohl sich in seinen Liedern doch Spuren von all dem finden: Traum, Verständnis, Zorn und vor allem eben jene ausbalancierte Melancholie, die bei aller Entsagung, bei aller Traurigkeit und bei aller schonungslos-selbstzerstörerischen Wahrhaftigkeit nie in weinerliche Sentimentalität umschlägt. In seinen Liedern, den mit einer sich fast ausschließlich in tieferen Lagen bewegenden spröden Stimme gesungenen schwermütigen, der jüdischen Folklore entlehnten Melodien mit den sehr poetischen Texten spricht er von sich, von seinen Beziehungen zu Frauen, von Dankbarkeit, von unerfüllter Hoffnung und von vertanen Möglichkeiten; selbst in Liedern wie dem vom „PARTISAN“ aus der französischen Résistance des zweiten Weltkrieges oder dem. apokalyptischen „DIAMONDS IN THE MINE“ ist Leonard Cohen immer auch der nach Zärtlichkeit Hungernde. („In Träumen erfährt man die Wahrheit, daß alle guten Werke in Ermangelung von Zärtlichkeit getan werden.“ – aus „Das Lieblingsspiel“)

Leonard Cohen wurde am 21. September 1934 in Montreal in Kanada geboren. Er entstammt einer begüterten Kaufmannsfamilie. Nach Beendigung seines Studiums und einem kurzen und erfolglosen Intermezzo im Textilgeschäft seiner Eltern, begann er zu schreiben. Lange bevor 1968 seine erste LP „The Songs of Leonard Cohen“ erschien und er durch das darauf enthaltene Lied „SUZANNE“ fast über Nacht einem internationalen Publikum zum Begriff wurde, hatte er sich mit seinen Romanen „Das Lieblingsspiel“ und „Die schönen Verlierer“ sowie mit einer Vielzahl von Gedichten in literarischen Kreisen seiner Heimat bereits einen Namen als äußerst sensibler und subtiler Autor gemacht. Einige Lieder auf seiner ersten Platte – so auch „SUZANNE“ – sind Vertonungen bereits früher entstandener Gedichte. Auf seinen folgenden Platten (die siebente und bislang letzte, „Recent Songs“, erschien 1979) erwies sich Cohen nicht nur als ein brillanter Lyriker, der meisterhaft mit Metaphern und knappen poetischen Andeutungen umzugehen versteht, nicht nur als Erfinder vertraut klingender und immer wieder reizvoller neuer Melodien und kongenialer Interpret, sondern auch als Arrangeur mit einem treffsicheren Gespür für stimmungsvolle Wirkung durch weitestgehend sparsamen Einsatz von Instrumenten und Stimmen (man höre zum Beispiel auf die Maultrommel bei „BIRD ON THE WIRE“, die Mandoline bei „SO LONG MARIANNE“ oder „LOVER LOVER LOVER“, das Akkordeon [oder Bandoneon] bei „THE PARTISAN“, die Orgel bei „LADY MIDNIGHT“ oder die Oboe bei „OUR LADY OF SOLITUDE“).

Mit all diesen Mitteln, mit Text, Melodie, Stimme und Arrangement baut Leonard Cohen beeindruckende Stimmungsbilder, deren Wirkung man sich nur schwer entziehen kann, Lieder, die gerade wegen ihres intimen, streng persönlichen Charakters so viele Möglichkeiten zur Identifikation bieten.

SUZANNE ist die Frau, die den Sänger mitnimmt in ihre Wohnung am Fluß, ihn bewirtet und einlädt, die Nacht neben ihr zu verbringen. Am Morgen zeigt sie ihm die Helden und die sich nach Liebe sehnenden Kinder zwischen dem Abfall und den Blumen. Und obwohl er weiß, daß sie ein bißchen verrückt ist, will er mit ihr gehen, „ … und du willst blindlings mit ihr gehen … denn du hast ihren vollkommenen Körper mit deinem Geist berührt.“

SO LONG MARIANNE – in diesem Abschiedslied sagt ein Mann sich los von einer Liebe, deren Ende er schon vorausahnt, obwohl sie durchaus noch intakt zu sein scheint. „Auf Wiedersehen, Marianne. Es ist an der Zeit, daß wir anfangen zu lachen und zu weinen und zu weinen und über alles wieder zu lachen.“

SISTERS OF MERCY, die Schwestern der Barmherzigkeit „ … es gibt sie noch. Sie warteten auf mich, als ich dachte, ich könne nicht mehr weiter. Und sie brachten mir ihren Trost, und später brachten sie mir ihr Lied.“ Dies ist ein Lied der Dankbarkeit eines Mannes, dem zwei Freundinnen mit ihrer Zärtlichkeit während einer tiefen persönlichen Krise halfen.

WINTER LADY„Unterbrich doch deine Reise für eine Weile und bleib hier, bis die Nacht vorüber ist. Ich bin nur ein Haltepunkt auf deinem Weg. Ich weiß, daß ich nicht dein Geliebter bin.“

TAKE THIS LONGING„Nimm diese Sehnsucht von meiner Zunge.“ Ein Mann bittet eine Frau, die zu lieben er sich versagt hat, da sie ja doch „dem besseren Mann treu“ sei, ihm ihre zärtliche Zuneigung nicht ganz zu entziehen. „Und alles hängt davon ab, wie nah bei mir du schläfst. Nimm einfach diese Sehnsucht von meiner Zunge … wie du das für jemanden tun würdest, den du liebst.“

LADY MIDNIGHT – hier ist von einer erfahrenen und nicht mehr ganz jungen Frau die Rede, die von dem Mann, der ihre Liebe erbittet, verlangt, er möge sie und ihre Zuneigung erst gewinnen.

OUR LADY OF SOLITUDE – das Lied einer schönen, wehmütig-dankbaren Erinnerung : „Liebe Frau, Königin der Einsamkeit, ich danke dir mit meinem Herzen dafür, daß du mich so nah bei dir hieltest, während viele, oh so viele, abseits standen. Und das Licht kam von ihrem Körper, und die Nacht ging durch ihre Anmut. Den ganzen Sommer lang berührte sie mich, und ich kannte sie, ja, ich kannte sie von Angesicht zu Angesicht.“

BIRD ON THE WIRE – hier zieht jemand eine Art Zwischenbilanz seines Lebens. Er entschuldigt sich für alles, was er falsch gemacht hat und erklärt, daß nichts davon aus böser Absicht geschah. „Wie ein Vogel auf der Telegraphenleitung, wie ein Betrunkener in einem Mitternachtschor habe ich auf meine Art versucht, frei zu sein.“

LOVER LOVER LOVER – dieses Lied bezieht seine Wirkung unter anderem auch aus dem Gegensatz zwischen den Gedanken darüber, daß man sich zu sich selbstbekennen müsse, nicht vor sich fortlaufen könne und der davon scheinbar losgelösten inständigen Bitte: „Und Liebste, Liebste, Liebste, komm zurück zu mir.“

CHELSEA HOTEL – Leonard Cohen beschwört die Erinnerung an eine kurze Episode mit einer berühmten Kollegin, die sich in einem Zimmer jenes Hotels zutrug. „Du sagtest mir noch einmal, du stündest mehr auf schöne Männer, aber bei mir würdest du mal eine Ausnahme machen.“

DIAMONDS IN THE MINE – dieses Lied malt die beklemmende Vision einer aus den Fugen geratenen Gesellschaft, wo Tod, Zerstörung und Schmutz regieren.

THE PARTISAN – ist das Lied eines französischen Widerstandskämpfers zur Zeit des zweiten Weltkrieges, eines Mannes, der Frau und Kinder verloren hat, der sein Gewehr nimmt und sich der Résistance gegen die faschistischen Okkupanten anschließt. ,,Der Wind, der Wind weht. Durch die Gräber weht der Wind. Bald wird die Freiheit kommen. Dann treten wir aus dem Schatten.“

SEEMS SO LONG AGO, NANCY – noch eine melancholische Erinnerung an eine alte Freundin, an Nancy mit den grünen Strümpfen, die „mit jedermann schlief“ und an deren Schönheit und Unbekümmertheit der Autor des Liedes sich im Nachhinein dankbar erinnert und deren Einsamkeit er nun versteht.

PASSING THRU „Wir haben alle den gleichen Weg, wir sind alle nur auf der Durchreise“ heißt es in diesem Lied, das davon spricht, wie der Mensch trotz (oder gerade wegen) der kurzen Zeit, die ihm auf Erden vergönnt ist, für seine Ideale, für Liebe, Freiheit und Recht eintritt, den Acker bebaut und die Hoffnung in sich trägt auf eine Welt, wo die Völker und Rassen gleichberechtigt miteinander leben.

Manfred Wagenbreth (1982)

Titelliste

A1 – SUZANNE – 3:47

A2 – SO LONG MARIANNE – 5:37

A3 – SISTERS OF MERCY – 3:33

A4 – WINTER LADY – 2:14

A5 – TAKE THIS LONGING – 4:04

A6 – LADY MIDNIGHT – 2:50

A7 – OUR LADY OF SOLITUDE – 3:11

B1 – BIRD ON THE WIRE – 3:25

B2 – LOVER LOVER LOVER – 3:18

B3 – CHELSEA HOTEL – 3:04

B4 – DIAMONDS IN THE MINE – 4:00

B5 – THE PARTISAN – 3:37

B6 – SEEMS SO LONG AGO, NANCY – 3:39

B7 – PASSING THRU – 4:00

Kompositionen und Texte:
Leonard Cohen
Titel 12: A. Marly / H. Zaret

Übernahme von CBS Records International

VEB DEUTSCHE SCHALLPLATTEN
BERLIN DDR
Gestaltung: CBS Record International
Lithografie und Druck: VEB Gotha-Druck
Ag 511/01/82/A Verpackung nach TOL 10609

Eine Antwort auf Leonhard Cohen – Greatest Hits (1982)

  • !sehr fleißig! und hübsch anzusehen!

    Bei Amiga vs. Original solltest Du unbedingt die Leonard Cohen Greatest Hits mit aufnehmen.
    Auf den ersten Blick eine 1 zu 1 Übernahme inkl. Cover, aber es stellt sich heraus, dass
    1. zwei Titel mehr (!) auf der Amiga LP sind
    2. von den hier 14 nur 8 auf der Originalauflage zu finden sind
    3. also 6 neue Titel auf die Amiga LP gepresst wurden (einige, die erst nach der Original LP veröffentlicht wurden)
    4. auf dem Front Cover die Titel entfernt wurden, die nicht auf der Amiga LP erschienen sind

    Kurz und gut die Amiga Compilation ist genau genommen eine eigenständige VÖ, hätte man sich zu einem selbstgefertigten Cover und/oder abweichenden LP Titel entschieden, würde die Amiga LP nicht in den (z.Zt.) 128 Varianten auf Discogs untergehen. So bleibt sie ein „Geheim“tipp.
    Viele Grüsse und weiter Lust und Laune an/zu diesem Thema!

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